Die Frage, ob der Mund beim Singen nun viel oder wenig geöffnet werden soll, ist keine neue. Eines ist sicher: Der Mund muss mehr geöffnet werden als es die meisten Laiensänger tun.
Wenn man sich einen Laienchor beim Singen anschaut, fällt einem sofort auf, dass die meisten mit „Sparbüchsenöffnung“ singen – also mit einer schmalen Schlitzöffnung des Mundes. Abgesehen davon, dass es optisch nicht gut aussieht – es vermittelt den Eindruck von wenig Engagement – es würde viel besser klingen, wenn die Töne mehr Raum bekämen.
Die moderne Stimmforschung war in den letzten 30 Jahren sehr aktiv und hat viele Zusammenhänge erforscht, die bislang unbekannt waren. Ein Ergebnis ist: Die Mundöffnung ist für den ausgestrahlten Klang von entscheidender Bedeutung! In Mund und Schlund entsteht nämlich die für den Klang notwendige Resonanz. Der Kehlkopf produziert nur den „Primärton“. Dieser von den Stimmlippen erzeugte Ton wird in den Ansatzräumen geformt und verstärkt, vor allem in Schlund, Rachen und Mundhöhle. Hier entstehen die Sprachlaute und hier bekommt der Ton seine Resonanz (Verstärkung).
Es ist eine anscheinend unausrottbare Vorstellung hierzulande, dass Resonanz im Bauch, in der Brust und im Kopf entsteht. Da Speck keine Resonanz gibt, können wir den Bauch also getrost vergessen. Brust? Da der Ton nicht abwärts strömt, sondern nach oben und nach außen wandelt, taugt also auch der Brustkorb nicht als Resonator. Dass man hier bei tiefen Tönen und bei gewissen Vokalen Vibration spürt ist eine andere Sache.
Kopf mit den Nebenhöhlen? Da man im Kopf ein Gehirn hat, fällt dieser Ort weg. Und dass die Nebenhöhlen im Kranium keine resonatorische Wirkung haben, entdeckte man schon 1911 (Giesswein).
Wenn man nun weiß, dass der gesungene Ton seine Verstärkung und seine Schönheit in der Mundhöhle bekommt, ist es logisch, sich um die Mundöffnung zu kümmern. Besonders der Raum zwischen der Zunge und dem Gaumen ist wichtig. Ein Sänger, der beim Singen die Zähnen nicht auseinander nimmt, beraubt sich um seine besten Klangmöglichkeiten. Der Klang bleibt im Hals hängen, wird eng und gequetscht. Besonders die Vokale „A“ und „Ä“ (manchmal „E“ geschrieben: z.B. werden die „E“s in „Welle“ und „Wälle“alle gleich ausgesprochen) brauchen eine geräumige Mundhöhle. Dabei sollte der Mund nicht in „Ost-West-Richtung“, sondern immer in „Nord-Süd-Richtung“ geöffnet werden. Dann schließen wir den „A-Raum“ auf. Es handelt sich dabei nie um ein gewaltsames Aufreißen des Mundes, sondern nur um ein entspanntes Loslassen des Unterkiefers. So viel, dass zwei Finger zwischen den Zähnen Platz haben.
Mein Rat an alle Singfreudigen: Machen Sie den Mund mehr auf, dann klingt es besser!
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Dann fassen Sie sich ein Herz, und stellen Sie diese Frau Prof. Bengtson-Opitz. Einfach per Mail an singstunde@bengtson-opitz.de.
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Dorothea Ziller (Dienstag, 18 August 2015 21:46)
Sehr anschaulich beschrieben, danke. Wie die übrigen Aspekte der Stimmbildung auch in Ihrem Buch.
Stefan Trageser (Montag, 08 Februar 2021 22:58)
Ich empfehle beim singen den Mund beim singen weit zu öffnen.
Die stimme klingt einfach besser und man sieht das man wirklich singt.